Das Spektrum der Darstellungen in der Kabinettschau reicht von züchtig bedeckten Gestalten aus einer nazarenischen Bilderbibel von 1860 bis zur expliziten Wiedergabe männlicher und weiblicher Genitalien in den 1970er Jahren. In den Grafiken zeigen sich textliche und bildliche Rückbezüge auf die Antike, die Verbindung von Körper- und Lebensreform sowie die Sinnesfreude am schönen Körper.
Originalgrafische Buchausgaben und Mappen richteten sich in ihrer begrenzten Auflagenzahl und mit oft exquisiten Materialien an ein Sammlerpublikum. Sie werden trotz großer Beliebtheit selten ausgestellt. Auch deshalb eigneten sie sich besonders zur Darstellung und Illustration erotischer Themen. Doch insbesondere Mappenwerke dienten als Medium zur schnellen Verbreitung künstlerischer Meinungsäußerung. Die erotische Darstellung barg nicht zuletzt durch ihre Nähe und unscharfe Abgrenzung zur Pornographie das Protestpotenzial für ein Überdenken gesellschaftlicher Konzepte von Sittlichkeit.
Im Rahmen eines „Musealog“-Projekts sichtete, katalogisierte und erschloss die Kunsthistorikerin Johanna Ziems die bisher erst ansatzweise erfasste Sammlung von Mappenwerken und Büchern mit künstlerischer Originalgrafik des Landesmuseums. Die bedeutendsten Stücke sind in der Kabinettschau zu sehen.