Dr. Michael Reinbold ist Kurator der Ausstellung "Faszination Bewegtes Blech - Sammlerspielzeug des 20. Jahrhunderts", die noch bis zum 30. April im Oldenburger Schloss zu sehen ist. Sein Lieblingsobjekt aus der Ausstellung ist ungewöhnlich!
Welches Objekt fasziniert Sie besonders?
Zu den ganz besonderen und ungewöhnlichen Ausstellungsstücken zählen zwei bedruckte Weißblechplatten, von denen eine aus der Firma Schuco stammt und Teile eines Motorrades samt Fahrer zeigt. Diese Bleche wurden zunächst bedruckt, dann in der Fabrik ausgestanzt, maschinell geformt und anschließend zu dreidimensionalen Gebilden verbunden. Fertig war das Spielzeug! Solche originalen Werkstücke sind heute äußerst selten. Ihre Faszination besteht in dem wie ein abstraktes Muster wirkenden Druck sowie in dem Umstand, dass wir es hier mit einem Spielzeug im "Larvenstadium" zu tun haben, also unmittelbar über den Prozess der Herstellung informiert werden.
Wie genau wurde Blechspielzeug denn gefertigt?
Mit dem Aufkommen der Eisenwalzwerke in der Epoche der Industrialisierung nach 1800 fand der Siegeszug des zunächst noch individuellen Blechspielzeugs statt. 1816 wurde in Paris das Verfahren des "Metalldrückens" erfunden, bei dem Blech maschinell in Formen gepresst wurde. Es ermöglichte das Ausstanzen von komplizierteren Motiven. Schon wenig später wurde das Verfahren auch in Berlin und Wien für Luxusgüter aus Silber verwendet, bald danach auch für Spielzeug - der Weg zum Massenprodukt war eröffnet.
Ein tolles Spielzeug für jedes Kind, oder?
Ja. Im Biedermeier nahm man erstmals die Kindheit als prägende Lebensphase des Menschen wahr, während zuvor das Kind eher als verkleinerter - und noch in vielem mangelhafter - Erwachsener gegolten hatte. Zu dieser neuen Wertschätzung passte auch die Höherbewertung des "Spielens" als Einübung des Kindes in seine künftige Rolle als Erwachsener. Überdies wurde das Kind des Bürgertums als Konsument entdeckt. Natürlich war es kaum in der Lage, eigenmächtig Spielzeug zu erwerben, wurde aber doch anlässlich von Geburtstag und Weihnachten reichlich beschenkt. Diese Entwicklung führte auf dem Spielzeugsektor zu einem wahren Boom.
Warum nutze man als Material Blech?
Selbstverständlich musste Spielzeug preiswert sein - und dieser Forderung konnte Blech als Ausgangsmaterial oft eher gerecht werden, als das herkömmliche Holz. Wirklich kostengünstig wurde Blechspielzeug allerdings erst, als es nicht mehr arbeitsintensiv von Hand bemalt werden musste. Die typisch-bunte Färbung wurde ab 1875 durch ein bestimmtes Druckverfahren auf den Blechgegenstand aufgetragen, bevor dieser geschnitten und zusammengefügt war - genau diesen Status zeigt die Weißblechplatte. Das Lackieren des Materials war überflüssig geworden und wurde nur noch vereinzelt bis in die 1920er Jahre angewendet.
Haben Sie selbst auch mit Blechspielzeug gespielt?
Ja, ich hatte auch ein Spielzeug aus Blech: Als ich etwa vier bis fünf Jahre alt war habe ich mir zu Weihnachten ein Feuerwehrauto gewünscht - und habe es auch bekommen. Da waren zu meiner großen Freude sogar sechs Figuren bei, mit denen ich spielen konnte.