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Welche druckgrafischen Techniken bevorzugten die in der Ausstellung „Metablau und Gestautes Grün” vertretenen Künstler? Erfahren Sie mehr über die ausgestellten Werke: In den folgenden Abschnitten finden Sie alle Werkangaben und Kurztexte zu den gezeigten Druckgrafiken. Alle Werke, die in der Ausstellung präsentiert werden, sind Leihgaben der Kunstsammlungen Chemnitz, Grafiksammlung Brigitte und Hans Robert Thomas.

Pop Art

Herausgegeben von Original Editions, New York
1965
Leinenkassette
D 644

Zwischen 1965 und 1967 tourte die vom Tabakkonzern Philipp Morris gesponserte Ausstellung „Pop and Op“ mit 65 Druckgrafiken durch die USA. Dieselben Arbeiten wurden unter dem Titel „11 Pop Artists: The New Image“ auch in Europa und Lateinamerika gezeigt. Begleitet wurde die Ausstellung von dem dreiteiligen Mappenwerk 11 Pop Artists, verlegt von Rosa Esman unter dem Label Original Editions. Mit einer Auflage von jeweils 200 Exemplaren enthielt jede Mappe elf Drucke von bedeutenden amerikanischen und britischen Künstlern der Pop Art-Bewegung wie Jim Dine, Allen Jones, Roy Lichtenstein, Mel Ramos, Andy Warhol und Tom Wesselmann. 11 Pop Artists, Volume II wurde 1968 auf der Kasseler „documenta 4“ vorgestellt. Unser heutiges Verständnis von Pop Art beruht zu einem nicht geringen Teil auf der Produktion dieser wichtigen Editionen.

 

Landscape II
Landschaft II
Aus der Mappe 11 Pop Artists, Volume II
1965
Farbserigrafie auf PVC
D 644/7

Der Künstler und Grafiker Allan D’Arcangelo befasste sich zeitlebens mit der amerikanischen Landschaft und Highway-Kultur. Seit den frühen 1960ern dominierten Straßenkulissen wie Verkehrsschilder, Fahrbahnmarkierungen und Straßensperrungen seine Bilder. D’Arcangelo stellte einmal fest, dass er seine tiefsten Landschaftserfahrungen beim Blick durch die Windschutzscheibe machte. So illustrieren scharfe geometrische Formen und leuchtende Farben die Sicht des Autofahrers auf die Autobahn. Dabei werden die Motive, wie in Landscape II, auf ihre einfachsten und wesentlichsten Formen reduziert.

 

Throat
Hals
Aus der Mappe 11 Pop Artists, Volume II
1965
Farbserigrafie
D 644/1

 

A Wooded Landscape
Waldlandschaft

A Room Full of Straw
Ein Zimmer voll Stroh
Aus der Folge Six Fairy Tales from the Brothers Grimm
1969
Radierung mit Aquatinta
D 438/1,5

Six Fairy Tales from the Brothers Grimm
Sechs Märchen der Brüder Grimm
1970
Buch mit 39 Radierungen, Aquatinta und Kaltnadel
D 437

Während seiner Teilnahme an der „documenta 4“ bereiste der Brite David Hockney 1968 das europäische Festland, wo er unter anderem die Rhein-Landschaften näher kennenlernte. Die Eindrücke verarbeitete Hockney in seinen Märchenillustrationen zu Fundevogel, Rapunzel oder Rumpelstilzchen. Der Künstler, der alle 220 Märchen der Brüder Grimm gelesen hatte, hegte wohl schon lange den Wunsch, eine Auswahl der Märchen zu illustrieren. Ergänzend zum gebundenen Buch mit 39 Illustrationen erschien in vier Editionen zu je 100 Exemplaren eine separate Mappe mit je sechs losen Radierungen. Die Schwarz-Weiß-Radierungen stehen im Kontrast zu Hockneys sonst sehr kraftvollen farbigen Arbeiten, mit denen er weltweit Bekanntheit erlangte.

 

Pour les Lèvres
Für die Lippen
Aus der Mappe 11 Pop Artists, Volume II
1965
Farbserigrafie
D 644/6

 

Slide
Rutsche
Aus der Mappe 11 Pop Artists, Volume II
1965
Farbserigrafie
D 644/8

 

The melody haunts my reverie
Die Melodie verfolgt mich bis in meine Träume
Aus der Mappe 11 Pop Artists, Volume II
1965
Farbserigrafie
D 644/4

In den 1960er Jahren perfektionierte Roy Lichtenstein seinen typischen Stil, den er selbst als „so künstlich wie möglich“ beschrieb. Er übernahm Motive aus Comics, Zeitschriften oder der Werbung und gab ausgewählte Bildausschnitte vergrößert wieder. Seine Vorskizzen übertrug er mithilfe eines Projektors auf die Leinwand. Neben der Malerei schuf er u. a. Siebdrucke, Lithografien, Holzdrucke und Skulpturen. Lichtensteins Arbeiten zeichnen sich vor allem durch schwarze Konturlinien, kräftige Primärfarben, vergrößerte Rasterpunkte und einheitliche, farbige Flächen aus. Zudem dominierten in dieser Zeit Darstellungen blonder Frauen sein Œuvre. Hierzu zählt der Siebdruck The melody haunts my reverie, dem eines seiner Gemälde zugrunde liegt. Der Werktitel bezieht sich auf Hoagy Carmichaels Song Stardust aus dem Jahr 1927 (hier können Sie das Lied auf Youtube anhören).

 

Tobacco Rose
Tabak Rose
Aus der Mappe 11 Pop Artists, Volume II
1965
Farbserigrafie
D 644/11

Während D’Arcangelos Drucke die allgegenwärtige Präsenz der Automobilkultur in den Vereinigten Staaten widerspiegeln, persiflieren Mel Ramos‘ Arbeiten die Verheißungen und Klischees der Werbewelt. Von Batman bis Wonder Woman entwickelte Mel Ramos sein Konzept der „Commercial Pin-ups“. Die weiblichen Akte posieren mit übergroßen Konsumartikeln der amerikanischen Warenwelt in allen denkbaren Posen: Mal liegt eine Frau lasziv auf einer Zigarre, mal schält sie sich aus einer Schokoriegel-Verpackung oder schmiegt sich an eine Coca Cola-Flasche.

Obwohl es in der damaligen Zeit gängige Praxis war, die Kauflust beim Konsumenten mit sexuellen Reizen zu befeuern, kritisierten Persönlichkeiten aus konservativen und feministischen Reihen Ramos‘ überspitzte Darstellungen. Während manche Kritiker darin puren Sexismus sahen, betrachteten andere sie als ironische Darstellung und Persiflage der Werbebranche, für die auch heute noch oft das Motto „Sex sells“ gilt. Ramos selbst sah sich jedoch als Beobachter seiner Zeit, der weder eine Gender-Debatte führen noch Kunst als (politische) Botschaft nutzen wollte.

 

Whipped Butter for Eugen Ruchin
Geschlagene Butter für Eugen Ruchin
Aus der Mappe 11 Pop Artists, Volume II
1965
Farbserigrafie
D 644/3

 

Flowers
Blumen
1974
Aus der Folge von 10 Serigrafien, handkoloriert
D 562

Anstatt die Natur zu beobachten, fand Andy Warhol seine Inspiration in Zeitschriften oder, wie bei dieser Serie, in einem Katalog für Tapeten mit dem Titel Interpretive Flower Designs. Zunächst fertigte er 1974 eine Schwarz-Weiß-Version von Flowers an. Obwohl beide Portfolios die gleichen Abbildungen enthalten, unterscheiden sie sich durch ein wesentliches Merkmal: Durch die Handkolorierung der Blätter in einer Auflage von je 250 Stück wird jedes zu einem Unikat. Warhol griff immer wieder das Blumenmotiv als Thema in seinem künstlerischen Schaffen auf. Der filigrane, illustrative Stil der vorliegenden Siebdrucke erinnert an die Anfänge von Warhols Karriere als Werbegrafiker in den 1950er Jahren.

Jaqueline Kennedy II (Jackie II)
Aus der Mappe 11 Pop Artists, Volume II
1965
Farbserigrafie
D 644/5

Das fünfte Blatt aus der Mappe 11 Pop Artists zeigt die trauernde Jacqueline Kennedy. Das Attentat auf John F. Kennedy am 23. Februar 1963 und die Beisetzung wurden zu weltweiten Medienereignissen. Direkt nach dem Tod des 35. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika sammelte Andy Warhol in Zeitungen und Zeitschriften gedruckte Fotografien von Jackie Kennedy, die in den vier Tagen zwischen der Ermordung und der Beerdigung entstanden sind. In seiner künstlerischen Auseinandersetzung stand somit nicht der Tod des Präsidenten im Fokus, sondern das Gesicht der gefassten, aber sichtlich von Leid gezeichneten Witwe. Sie wurde zur Ikone der disziplinierten Trauer, zum Symbol eines persönlichen wie auch nationalen Verlusts.

 

Nude
Akt
Aus der Mappe 11 Pop Artists, Volume II
1965
Farbserigrafie
D 644/10

Tom Wesselmann, der zunächst Cartoonist werden wollte, lehnte den abstrakten Expressionismus zugunsten klassischer Darstellungen von Akt, Stillleben und Landschaft ab. Seine Bildsprache, die von der amerikanischen Werbung inspiriert war, zeichnet sich durch vereinfachte Formen und kräftige, satte Farbtöne aus. Unter dem Pseudonym Slim Stealingworth schrieb Wesselmann 1980 seine Autobiografie, in der er die Entwicklung seiner künstlerischen Arbeit dokumentierte.

Im Jahr 1961 provozierte der Künstler mit seiner Serie „Great American Nudes“ und sorgte – auch außerhalb des Kunstbetriebs – für Aufsehen. Mit großformatigen Aktbildern im Reklamestil inszenierte er den weiblichen Körper als gesichtslose Projektionsfläche für wirtschaftliche und sexuelle Interessen. Dabei werden die Modelle häufig auf wenige erotisch konnotierte Körpereigenschaften reduziert: ein leicht geöffneter Mund, rot geschminkte Lippen und Brüste in Nahansicht, wie etwa in der Arbeit Nude.

 

Von Bill bis Vasarely

Komposition
1980
Farblithografie
D 339

zwilling mit schwarz-weiß-auswechslung
1971
Farbserigrafie
D 340

Der Schweizer Architekt und Künstler Max Bill ist vor allem als bedeutendster Bauhaus-Schüler und Mitbegründer der Hochschule für Gestaltung in Ulm bekannt. Er gilt als einer der wichtigsten Vertreter der Konkreten Kunst, d. h. seine Kunstwerke basieren auf gegenstandslosen, streng geometrisch-mathematischen Grundlagen. Gestaltungsmittel sind die Farben, die Form, der Raum, das Licht und die Bewegung. Auf der Suche nach einer inneren und äußeren Ordnung schuf Bill aus einfachen Farbfeld-Kompositionen immer komplexere Muster. So ist beispielsweise das Quadrat ein wiederkehrendes Element in seinem Œuvre. Als Binnen- oder Außenform diente es dem Künstler oft als Ausgangspunkt für formale und farbliche Erweiterungen.

 

Nitaz
Über mich
1975
Radierung
D 354

Chillida ist – neben Tàpies – einer der wichtigsten spanischen Künstler seiner Generation. Mit großer Experimentierfreude arbeiteten beide über traditionelle Herangehensweisen hinaus unter Einbezug unterschiedlicher Materialien. Ein wichtiges Pendant zu Chillidas Tätigkeit als Bildhauer bildeten ab 1959 seine grafischen Arbeiten. Diese betrachtete er jedoch nicht als Vorstufen seiner Skulpturen, sondern als eigenständiges, gleichwertiges Werk. In seinem gesamten Œuvre beschäftigte sich der Künstler mit dem Raum und dessen unterschiedlichen Ausdrucksformen. Die ausnahmslos in Schwarz und Weiß gehaltenen Grafiken durchbrechen die zweidimensionalen Grenzen der Zeichnung und erzeugen fast plastisch wirkende Druckoberflächen. Sein zunächst kleinteiliger, linearer Stil entwickelte sich im Laufe der Zeit zu einer blockhaften Massigkeit. Nitaz ist eines der größten grafischen Formate des Künstlers.

 

Amici Colori
Farben als Freunde
2002
Aus der Folge von 15 Farbserigrafien
D 383

Eine Begegnung mit Max Bill in den 1950er Jahren in Paris soll Piero Dorazios Werk nachhaltig beeinflusst haben. Als führender italienischer Vertreter der konkreten Farbfeldmalerei beschäftigte sich auch Dorazio mit dem Verhältnis von Form und Farbe. Nach 1958 entstanden seine ersten aus Farbbändern aufgebauten Kompositionen, die sich aus warmen und kalten Farben zusammensetzen. Farbige Linien, Striche, Flächen oder Bänder verlaufen horizontal, vertikal oder auch diagonal über den Bildträger. Die teilweise transparent wirkenden Farbbänder werden überlagert, verwebt oder in seriellen Sequenzen wiederholt. Daraus resultieren Felder, Netze, Gitter oder Cluster. Sein Spätwerk, zu dem auch Amici Colori zählt, gilt als Höhepunkt seines Schaffens.

 

Concetto spaziale
Raumkonzept
1968
Serigrafie auf transparentem Kunststoff, Ausstanzungen
D 418

Meine Entdeckung ist das Loch, punktum; und nach dieser Erfindung kann ich beruhigt sterben.“

Im Jahr 1949 entstanden Lucio Fontanas erste perforierte Leinwände, mit denen er weltweit berühmt wurde. Unter dem Titel Concetto spaziale (ital. „Raumkonzept“) bearbeitete der italienische Avantgarde-Künstler die meist monochrome Leinwand mit Löchern und Schnitten. Er erforschte zeitlebens Raumwirkung und -wahrnehmung. Mit seinen räumlichen Konzepten verlieh er der Leinwandoberfläche Plastizität und Tiefenwirkung. So überwand Fontana nicht nur die Zweidimensionalität des Bildträgers, sondern brach auch mit den Grundfesten der traditionellen Malerei.

Die hier gezeigte Druckgrafik gehört zur Edition der documenta Foundation e. V. von 1968. Bereits vier Jahre zuvor, anlässlich der „documenta 3“ im Jahr 1964, wurde der Förderverein zur Unterstützung des documenta-Haushalts gegründet. Dieser gab Künstlereditionen heraus, die zu erschwinglichen Preisen unmittelbar vor Ort erworben werden konnten.

 

Gestautes Grün
Mitte 1960er Jahre
Farbserigrafie
D 408

Farbbewegungen
1970
Aus der Folge von 6 Farbserigrafien
D 412

Günter Fruhtrunk fand als einer der wichtigsten Vertreter der Konkreten Kunst in den 1960er Jahren zu einer individuellen Bildsprache. Der Künstler ordnete seine immer wiederkehrenden Streifen streng vertikal, horizontal oder diagonal an. Zwar lässt die rhythmische Anordnung der sogenannten „Vektoren“ dynamische Tendenzen erkennen, doch ist im Vergleich zu Dorazios Arbeiten weniger Spiel und Impulsivität als Strenge und Ordnung, Rationalität und Genauigkeit präsent.

Die bekannteste Arbeit Fruhtrunks ist wohl eine Auftragsarbeit der 1970er Jahre: Er entwarf das typische blau-weiße Streifenmuster der Plastiktüten von Aldi Nord, das seit Herbst 2018 nur noch die Tiefkühl- und Mehrwegtragetaschen des Konzerns ziert.

 

Homenatge a Joan Prats
Hommage an Joan Prats
1972
Aus der Folge von 15 Farblithografien
D 511

Der spanisch-katalanische Künstler Joan Miró i Ferrà begann bereits mit acht Jahren zu malen. Sein erster Parisaufenthalt im Jahr 1919 führte zu einem Wandel seines künstlerischen Schaffens: Umgeben von Dadaisten und Surrealisten entfernte er sich von der Gegenständlichkeit. Bereits Mitte der 1920er werden die typischen Merkmale seiner Kunst sichtbar: Organische und flächige Formen erscheinen in lebendigen Farben. Mirós Arbeiten kennzeichnen sich durch eine begrenzte Farbpalette von Gelb, Rot, Blau, Grün und Schwarz. Neben dem charakteristischen Miró-Stern sind Augen, Frauen, Vögel, Kometen und der Mond wiederkehrende Motive in seinem Werk.

Nach 1945 schuf er den größten Teil seiner druckgrafischen Arbeit, die vor allem aus Radierungen und Lithografien besteht. Die vorliegende Folge aus 15 Farblithografien entstand zu Ehren von Joan Prats i Vallès (1891–1970). Den katalanischen Unternehmer und Kunstsammler verbanden enge Freundschaften mit Künstlern wie Max Ernst, Paul Klee und Joan Miró. Kurz vor seinem Tod war Prats der wichtigste Initiator der Fundació Joan Miró und legte mit einer umfangreichen Schenkung den Grundstock der heutigen Sammlung.

 

Metablau (Rot–Ultramarin)
1972
Farbserigrafie nach einem Ölgemälde von 1967
D 471

Vier Jahre nach dem Tod von Ernst Wilhelm Nay wurde 1972 der Siebdruck Metablau (Rot–Ultramarin) als Jahresgabe des Kölnischen Kunstvereins herausgegeben. Als Vorlage diente das gleichnamige Gemälde des Künstlers aus dem Jahr 1967. Metablau zählt zu Nays Spätwerk, das zwischen 1964 und 1968 entstanden ist. Bis zu seinem Tod schuf er die sogenannten „elementaren Bilder“: Die Werkgruppe zeichnet sich durch klare, kühle Farben und dynamisch flächige Formen aus, die sich über den Bildrand hinaus zu bewegen scheinen. Meist aus nur zwei bis drei Farben bestehend, reihen sich in den Großformaten Kreise, Halbkreise, Spindeln, geschlossene oder offene Flächen aneinander. Dazwischen bilden sich – durch das teilweise Stehenlassen der Grundierung – weiße Muster und Ornamente. So erinnern die Kompositionen an Henri Matisses Scherenschnitte.

 

L'échelle
Die Leiter
1968
Farblithografie
D 276

Werke wie dieses scheinen durch ihre verschlüsselte Bildsprache motivisch und bildnerisch schwer zugänglich. Tàpies‘ individuelle Zeichen- und Formensprache enthält Hieroglyphen, Symbole, Zahlen- und Buchstabenfolgen. Die gern verwendeten Kürzel „A“ oder „T“ stehen für den eigenen Namen oder den seiner Frau Teresa, die auch als Motive – hier mittels einer Leiter – dargestellt sein können.

Le Lecteur
Der Leser
1990
Holzschnitt
D 266

Roig i negre 3
Rot und Schwarz 3
1985
Farbradierung, Aquatinta und Carborundum
D 257

Samarreta
T-Shirt
1972
Radierung mit Carborundum
D 154

Signes sobre porta
Zeichen an der Tür
1988
Farbradierung mit Carborundum
D 262

Tàpies bringt Materialien und Techniken auf immer wieder neue, kreative Art und Weise zusammen und erzeugt häufig Oberflächen auf dem Papier, die den Wunsch auslösen, die Arbeit nicht nur mit den Augen, sondern auch durch Berühren zu erforschen. Vor allem die Carborundum-Technik entwickelte Tàpies immer weiter.

Das Alphabet des Künstlers bleibt fragmentarisch und findet Ergänzung in der Vergegenwärtigung von körperlichen Spuren wie Umrissen von Armen, Beinen und Ohren oder Abdrücken von Füßen, Schuhen und Händen. In Blättern wie diesen fällt auf, dass der Rand der Druckplatte häufig über die Grenzen des Blattes hinweg zu denken ist.

Sinnieren über Schmutz
1976–1978
Aus der Folge von 10 Farblithografien
D 318

Für die zu dem bibliophilen Projekt Sinnieren über Schmutz entstandene Mappe schuf Tàpies zehn Lithografien als Folge loser Blätter. Dunkle, graubraune, geradezu „schmutzige“ Farben beherrschen die Grafiken. Passend zum Titel weisen die Blätter Details wie Schmutzränder auf. Ein Blatt der Serie zeigt einen kleinen Ausschnitt einer Person mit Anzug, weißem Herrenhemd und Krawatte – möglicherweise als Stellvertreter des Autors Alexander Mitscherlich, der sich sowohl als Mediziner als auch als Schriftsteller und Psychoanalytiker einen Namen machte. Der Titel der grafischen Folge beruht auf einer 1974 in der Erker-Galerie St. Gallen gehaltenen Eröffnungsrede. Für das zur losen Blattfolge gehörende Künstlerbuch schrieb Mitscherlich seinen Text eigenhändig auf den Lithostein.

 

Kathedrale
2001
Prägedruck
D 573

Spirale
1999
Prägedruck
D 572

Günther Uecker ist seit den späten 1950er Jahren vor allem als „Nagelkünstler“ bekannt. Diese Bezeichnung wird ihm jedoch nicht gerecht: Sein künstlerisches Werk umfasst Zeichnungen, Fotografien, Gemälde, Installationen, Skulpturen und vieles mehr. Dabei hat er sich und seine Arbeit im Laufe der Jahrzehnte immer wieder neu erfunden.

Doch der Nagel blieb ein wiederkehrendes Motiv in Ueckers Werk. Zunächst ordnete er die Nägel flächig, vertikal, diagonal, stromlinien-, spiral- oder kreisförmig auf weißen Platten an. Mit den dreidimensionalen Reliefs erforscht der Künstler die Wechselbeziehung von Licht und Schatten. Ab 1962 versah Uecker damit auch Alltagsobjekte wie Möbel, Fernseher, Musikinstrumente oder Schuhe. In den Prägedrucken, die sein grafisches Werk dominieren, verbleibt die Form des Nagels nur als Spur. Um die lebendigen Prägungen zu erhalten, legte Uecker handgeschöpftes, leicht vorgetrocknetes Büttenpapier auf eine mit Nägeln beschlagene Holzplatte. Geschützt von einer Filzmatte wurde dieser Prägedruckstock in eine hydraulische Presse gegeben. Damit erzielte Uecker die Abdrücke der Nagelköpfe und -stifte.

 

CTA 102
1966
Aus der Folge von 8 Farbserigrafien
D 608

Die Vertreter der sogenannten Op Art-Bewegung, die in den 1960er Jahren aufkam, beschäftigten sich mit Phänomenen der Wahrnehmung. Durch geometrische Formen, Linien, Muster und Verformungen erzielten sie mit ihren Werken optische Täuschungen, wie den Eindruck von Flimmern und Bewegung.

Mitbegründer und bedeutendster Vertreter der Optischen Kunst war der französisch-ungarische Künstler Victor Vasarely – er galt als Grenzgänger zwischen Kunst und Design. Die Farbserigrafien aus der Folge CTA 102 sind sein erstes druckgrafisches Werk im Großformat und basieren auf dem Spiel mit Raum und optischer Täuschung.

Vasarely weckte auch das Interesse des Automobilherstellers Renault, der ihn im Jahr 1972 beauftragte, das Firmenlogo umzugestalten. Durch eine geschickte Linienführung verlieh er dem rhombenförmigen Vorgänger eine dreidimensionale Anmutung. 2021 wurde sein Entwurf wieder aufgegriffen – statt vier zieren heute zwei parallele Linien das Renault-Logo.

 

Klassische Moderne

Selbstbildnis
1914
Kaltnadelradierung
D 333

Das Hauptthema im Werk Max Beckmanns ist das Selbstbildnis – für ihn zeitlebens ein Ausloten des Selbst und des Seins. Als das vorliegende Selbstbildnis 1914 entstand, diente Beckmann als Sanitätshelfer im Ersten Weltkrieg. Er wohnte über einem Leichenhaus und wurde nachts von Alpträumen heimgesucht. Die angespannte Mimik und der leere Blick sind Zeugen des Leids. Gesicht und Haare sind detailliert mit Schraffuren in unterschiedlicher Stärke ausgearbeitet, die Oberbekleidung ist nur angedeutet.

In seiner Kunst stellte Max Beckmann vielfach den Menschen und seine brüchige Existenz dar. Nachdem er 1915 einen nervlichen Zusammenbruch erlitt, wurde er vom Kriegsdienst freigestellt. Ab 1924 widmete sich Beckmann hauptsächlich der Malerei und beschäftigte sich nur noch sporadisch mit der Druckgrafik.

Liebespaar I
1916
Kaltnadelradierung
D 334

Max Beckmann besuchte ab 1901 die Weimarer Kunstschule, brach sein Studium jedoch zwei Jahre später ab. Sein figurativer Stil wurde auf Reisen nach Paris und in die Niederlande nachhaltig geprägt, wo er die Alten Meister und zeitgenössische Künstler der Avantgarde studierte. Ab 1904 bezog er ein Atelier in Schöneberg bei Berlin, dem seinerzeit bedeutendsten Kunstzentrum der Moderne in Deutschland.

Die Radierung Liebespaar I zeigt ein sich zugewandtes, unbekleidetes Paar auf einem Bett. Die Szene wirkt trotz der ruhigen Körperhaltung durch die fein nuancierten Linien bewegt. Das Mobiliar tritt schemenhaft in den Hintergrund. Es entstammt der Mappe Gesichter, einer Zusammenstellung von 19 Einzelradierungen aus den Jahren 1914 bis 1918, in denen Beckmann hauptsächlich seine Kriegserlebnisse verarbeitete.

Für das Sammlerpaar Brigitte und Hans Robert Thomas, die die ersten Werke bildender Kunst Anfang der 1950er Jahre bei dem Münchner Kunsthändler Günther Franke kauften, gehörten die Radierungen Beckmanns zu den ersten Erwerbungen.

 

L’ordre des oiseaux
In Reihe fliegende Vögel
1962
Aus der Folge von 12 Farbradierungen
D 404

Georges Braque gilt als einer der Wegbereiter der Moderne und Mitbegründer des Kubismus. Insbesondere sein Spätwerk ist durch eine ruhige Formensprache und poetische Motive geprägt. Das vorliegende Mappenwerk entstand auf Anregung der Direktoren des Verlagshauses Au Vent d’Arles in Zusammenarbeit mit Saint-John Perse (1887–1975). Der Autor schuf anlässlich des 80. Geburtstags des Malers einen Text über Vögel, den Georges Braque mit 12 Farbradierungen in reduzierter Formensprache illustrierte. Neben der Folge mit losen Blättern erschien zeitgleich eine gebundene Buchausgabe, die Text und „Illustrationen“ vereint.

L’ordre des oiseaux
In Reihe fliegende Vögel
Herausgegeben vom Verlag Au Vent d’Arles, Paris
1962
D 403

Nur wenige Monate vor Georges Braques Tod wurde L’ordre des oiseaux veröffentlicht. Braques Schaffen zeigt seine zeitlebens andauernde Begeisterung für die Vogelmotivik, die mit einer Reise in ein Vogelschutzgebiet der Camargue im Jahr 1955 begann. Für ihn symbolisierten Vögel Freiheit und Harmonie, die das immaterielle Dasein und den ewigen Wandel verdeutlichen.

 

Nu à l’éventail
Akt mit Fächer
1924
Kaltnadelradierung
D 347

Marc Chagall verließ früh das russische Kaiserreich, um sich auf dem europäischen Kunstmarkt zu etablieren. Nach einem Besuch in seiner Heimat verhinderte der Ausbruch des Ersten Weltkriegs eine Rückreise. Beeinflusst durch die Künstler Hermann Struck und Joseph Budko begann er in seiner Berliner Zeit ab 1922 druckgrafische Techniken zu verwenden. Im September des Folgejahres ging er nach Paris, wo eine seiner produktivsten Schaffensphasen begann.

In Nu à l’éventail beweist Chagall sein technisches Können. Mit zarten Linien wird der Umriss einer nackten Frau in Rückenansicht nachgezeichnet. Sie liegt auf einem Bett, vor dem ihre Schuhe platziert sind. Verstohlen blickt die Dame über die linke Schulter, neben ihr befindet sich ein Fächer. Flächige, weichgezeichnete Schraffuren deuten den Hintergrund an.

 

Rechnender Greis
1929
Radierung
D 440

Das nicht Sichtbare sichtbar zu machen, schafft Paul Klee in der Radierung Rechnender Greis auf humorvolle Weise. Sie zeigt sein innovatives Konstruktionsprinzip der Streifen- und Langbilder aus den Jahren 1928/29, das sich an geometrischen Teilungsverhältnissen orientiert. Ausgegeben als Jahresgabe an die Mitglieder der Schweizerischen Graphischen Gesellschaft, rief das Blatt große Empörung hervor. Es entsprach nicht dem damaligen Kunstverständnis.

Entgegen dem Wunsch seiner Eltern entschloss Paul Klee sich früh für eine künstlerische Laufbahn. Er lehrte am Bauhaus und stand mit dem Blauen Reiter in enger Verbindung. Die Nationalsozialisten diffamierten Klee als „entartetenKünstler und entließen ihn 1934 aus seiner Professur an der Kunstakademie Düsseldorf. Klee emigrierte in die Schweiz, erkrankte schwer und verstarb im Alter von 60 Jahren.

 

Nu, main gauche près de l’épaule
Akt, linke Hand nahe der Schulter
1926
Lithografie
D 450

Henri Matisse war ein bekennender Gegner der abstrakten Malerei und setzte sich – wie viele Künstler der Moderne – mit der Komposition von Figur und Raum auseinander. Sein Hauptaugenmerk lag dabei auf der weiblichen Figur. Matisse‘ grafische Arbeiten sind zwischen 1903 und 1952 entstanden und oft durch eine monochrome Linearität gekennzeichnet. Sichtbar wird dies auch in der Lithografie Nu, main gauche près de l’épaule. Mit geschwungenen Linien porträtiert er eine auf der Seite liegende, nackte Frau, deren Blick auf die Betrachtenden gerichtet ist.

 

Glossar

Druckgrafische Techniken

Die Druckgrafik ermöglicht es, eine Bildvorlage zu vervielfältigen, die mit einem Druckstock auf Papier oder andere flache Oberflächen übertragen wird. Der Druckprozess wird von den Künstlern selbst oder von beauftragten Druckern durchgeführt. Im Anschluss werden die fertigen Blätter, die sogenannten Abzüge, meistens nummeriert und gegebenfalls vom Künstler signiert. Die Gesamtzahl aller Abzüge, die der Künstler festlegt, wird Auflage genannt. Eine Auflage kann auch durch Materialabnutzung - etwa des Holzstockes - begrenzt sein.

Das Wort Grafik leitet sich von dem altgriechischen Wort graphiké ab und bedeutet zeichnend, malend. Es beschreibt die beiden Phasen dieser Technik: Sowohl das Zeichnen oder Malen des Motivs auf den Druckstock als auch das Drucken selbst. Das älteste druckgrafische Verfahren, der Hochdruck, ist in Europa bereits seit dem 15. Jahrhundert bekannt. Weitere Verfahren sind der Tiefdruck, der Flachdruck und der Durchdruck.

 

Hochdruck

Bereits um 1400 entwickelt sich in Europa mit den Holzschnitten die Technik des Hochdrucks. Die nicht zu druckende Materie muss zuvor weggeschnitten oder ausgehoben werden. Nur die hochliegenden Partien des Druckstocks nehmen die Farbe an und werden auf den Bildträger übertragen. Einige hundert Abzüge können so mithilfe einer Druckerpresse oder auch als Reibedruck per Hand erzielt werden. Die ersten Drucke zeichnen sich dadurch aus, dass sie qualitativ hochwertiger sind. Denn die Druckstöcke nutzen sich durch den hohen Druck allmählich ab oder können beschädigt werden. Eine weitere Form des Hochdrucks ist der Prägedruck, den Günther Uecker in einigen seiner Werke verwendet.

↗Antoni Tàpies ↗Günther Uecker

 

Der Holzschnitt entstand im Europa des 15. Jahrhunderts und zählt zu den sogenannten Hochdruckverfahren. Zunächst wurde er vor allem für die Fertigung von Andachtsbildern verwendet. Das Prinzip ähnelt dem Stempeldruck. Die nicht zu druckenden Partien werden aus dem Druckstock, einer wenigen Zentimeter dicken Holzplatte, geschnitten. Alle Bereiche, die stehen bleiben, werden danach mit Druckfarbe bestrichen und auf den Bildträger gepresst. Durch den ausgeübten Druck entstehen leichte Vertiefungen auf dem Papier. Das Motiv des Holzstocks ist spiegelverkehrt auf dem Bildträger dargestellt.

Vor allem im Buchdruck fand der Holzschnitt häufig Verwendung, verlor aber mit der Erfindung kostengünstigerer Verfahren (Radierung) Ende des 16. Jahrhunderts zunächst an Bedeutung. Im 19. und 20. Jahrhundert erfuhr die Technik ein erneutes Interesse, insbesondere bei Vertretern des deutschen Expressionismus.

 

Tiefdruck

Beim Tiefdruck unterscheidet man im Wesentlichen zwischen mechanischen (Kaltnadelradierung) und chemischen Verfahren (Ätzadierung, Aquatinta). Bei dieser Technik werden die tieferliegenden Partien des Druckstocks gedruckt. Die Druckfarbe, die auf die Platte aufgetragen wird, sammelt sich in den Vertiefungen. Anschließend wird überschüssige Farbe abgewischt. Unter hohem Druck wird das Motiv mit einer Druckpresse auf den vorher angefeuchteten Bildträger übertragen. Auf diese Weise hinterlässt nicht nur das Motiv, sondern auch der Plattenrand einen Abdruck im Papier. Für jeden Abzug muss die Platte neu eingefärbt werden.

Das Tiefdruckverfahren geht auf eine Technik zurück, die bereits in der Antike für Gravierungen auf Metall verwendet wurde. Ab dem 15. Jahrhundert ist das Verfahren in der Kunst in Deutschland nachweisbar. In Verbindung mit Ätzverfahren erfuhr es in den folgenden Jahrhunderten eine große Aufmerksamkeit.

↗Max Beckmann ↗Georges Braque ↗Marc Chagall ↗Eduardo Chillida ↗David Hockney ↗Paul Klee ↗Antoni Tàpies

 

Radierung

Die Radierung bezeichnet eine Reihe von Tiefdruckverfahren. Der Name leitet sich vom lateinischen radere ab, was so viel wie kratzen, entfernen bedeutet. Bei dieser Technik wird die Radiernadel wie ein Zeichenstift gehalten. Als Meister der Radierung gelten Rembrandt und Dürer, durch die diese Kunsttechnik weite Verbreitung fand. Insbesondere wegen ihrer kostengünstigen und schnellen Reproduzierbarkeit waren Radierungen sehr weit verbreitet. Zu den verschiedenen Arten der Radierung zählen unter anderem:

 

Bei der Kaltnadelradierung wird das Bild mithilfe einer Radiernadel direkt in die Druckplatte geritzt. Es entsteht keine chemische Reaktion wie bei der Ätzradierung oder der Aquatinta, jedoch bilden sich kleine Grate, da das Plattenmaterial von der Radiernadel an die Seite gedrückt wird. Bei der Kaltnadelradierung können die Schattierungen des entstandenen Grats wahrgenommen werden. Da sich die Grate schnell abnutzen, haben die ersten Abzüge die beste Wirkung. Die Kaltnadelradierung wurde in der Kunst zunächst nur als Korrekturverfahren bei geätzten Platten angewendet. Insbesondere die Expressionisten nutzten es ab dem frühen 20. Jahrhundert als eigenständiges Verfahren.

 

Die Ätzradierung zeichnet sich im Gegensatz zur Kaltnadelradierung durch weichere Linien aus, da von der Platte kein Widerstand gegen das Werkzeug ausgeübt wird. Um das Metall freizulegen, wird ein Ätzgrund aufgetragen, auf den wiederum mit einer Nadel das Motiv geritzt wird. Daraufhin wird die Platte in ein Säurebad, beispielsweise aus Eisenchlorid, Salpeter- oder Salzsäure, gegeben. Je intensiver das Ätzbad ist und je mehr Durchgänge vorgenommen werden, desto detaillierter erscheinen die Schraffuren und Linien. Im Anschluss wird die Farbe aufgetragen, die sich in die vertieften Stellen legt. Unter hohem Druck, z.B. durch eine Walzenpresse, wird das Motiv auf vorher angefeuchtetes Papier übertragen.

 

Für die Aquatinta wird zerstoßenes Harz (Kolophonium) auf einer Metallplatte verteilt und leicht angeschmolzen. Stellen, die nicht gedruckt werden sollen, werden mit Asphaltlack abgedeckt. Anschließend wird die Druckplatte in ein Ätzbad gelegt. Die Ätzflüssigkeit entfernt das Metall zwischen den angeschmolzenen Harzpartikeln. Wie bei der Ätzradierung können unterschiedlich tiefe Linien durch das Einwirken der Säure erreicht werden. Das Aquatintaverfahren wird v.a. wegen seiner malerischen Wirkung geschätzt. Mittels eines Pinsels, der in Säure getaucht und mit dem über das Kolophonium gemalt wird, entsteht der Effekt einer Pinselzeichnung. Nach der Entfernung des Überzugs wird die Druckfarbe auf die Platte aufgetragen. Sie verteilt sich in den Vertiefungen und wird von der glatten Oberfläche abgewischt. Die Farbe wird mithilfe einer Radierpresse auf den Bildträger übertragen. Da sich die Aquatintastruktur relativ schnell abnutzt, sind bei Kupferplatten nur kleine Auflagen in Höhe von maximal 200 Abzügen möglich.

 

Carborundum bezeichnet den meist synthetisch hergestellten Stoff Siliziumkarbid. Die Radierung mit Carborundum - auch als Kunstharz-Aquatinta oder „malerische” Aquatinta bezeichnet - ist eine komplizierte Drucktechnik. Hierbei wird der Corundsand je nach Bedarf mit unterschiedlichen Substanzen wie Lacken vermischt und auf die Druckplatte gegeben. Häufig wird diese Technik mit anderen Radiertechniken kombiniert, wodurch differenzierte Schattierungen und Farbabstufungen erzielt werden können.

 

Flachdruck

Der Flachdruck zeichnet sich dadurch aus, dass druckende und nicht druckende Partien auf gleicher Höhe liegen. Die Entwicklung dieser Technik geht auf Alois Senefelder zurück, der auf der Suche nach einem schnellen und günstigen Reproduktionsverfahren war. Er entdeckte, dass Stein- und Metallplatten gleichzeitig Wasser und Fett aufnehmen können. Damit war eine relativ billige, detailgenaue Wiedergabe möglich, wodurch das Verfahren ab dem 19. Jahrhundert große Verbreitung fand. Zu den klassischen Flachdrucktechniken zählt die Lithografie.

↗Max Bill ↗Henri Matisse ↗Joan Miró ↗Antoni Tàpies

 

Das Wort Lithografie leitet sich vom altgriechischen líthos für Stein und gráphein für schreibend, zeichnend ab. Für dieses Verfahren wird zunächst die Oberfläche eines Steins mit Sand und Wasser glattgeschliffen. Anschließend wird die Fläche z.B. mit Alaunsalz oder Essigsäure entsäuert, abgespült und getrocknet. Danach wird das Motiv mit einer fetthaltigen Lithokreide oder -tusche auf den Stein gezeichnet und mit Talkum zur Festigung bestäubt. Nun wird die Oberfläche mit einer Ätzflüssigkeit behandelt, um die fetthaltige Zeichnung mit dem Stein chemisch zu verbinden. Nur die chemisch gefestigten Partien auf der Oberfläche des Steins nehmen jetzt die fettige Druckfarbe auf, die mit einer Walze aufgetragen wird. Die nicht druckenden Flächen hingegen stoßen Fett, also auch Farbe, ab. Im Druckprozess wird die überschüssige Farbe entfernt, das Papier auf den Stein gelegt und mit hohem Druck gegen den Stein gepresst. Das lithografische Verfahren, das keine besonderen chemischen Kenntnisse voraussetzt, ermöglicht sehr hohe, preisgünstige Auflagen.

 

Durchdruck

Der Durchdruck bezeichnet ein Verfahren, bei dem die Druckfarbe durch ein feinmaschiges Gewebe auf einen Bildträger durchgedruckt wird. Die Stellen, die nicht bedruckt werden sollen, werden mittels einer Schablone farbundurchlässig gemacht. Der Vorteil des Verfahrens ist, dass unterschiedlichste Materialien wie Papier, Holz oder Textil beedruckt werden können. Grundlegend für die Entwicklung der Technik ist der Schablonendruck, der bereits im Mittelalter zur Dekoration von Wänden, Möbeln oder Hausfassaden diente. Das Durchdruckverfahren erfuhr im beginnenden 20. Jahrhundert zunächst in den USA eine hohe Aufmerksamkeit, als mit Seidengaze bespannte Siebe eingesetzt wurden. Mitte der 1940er Jahre konnte die Druckqualität gesteigert werden, indem die Seidengaze durch Nylongewebe ersetzt wurde. Die bekannteste Technik des Durchdrucks ist der Siebdruck.

↗Max Bill ↗Allan D'Arcangelo ↗Jim Dine ↗Piero Dorazio ↗Lucio Fontana ↗Günter Fruhtrunk ↗Allen Jones ↗Gerald Laing ↗Roy Lichtenstein ↗Ernst Wilhelm Nay ↗Mel Ramos ↗James Rosenquist ↗Victor Vasarely ↗Andy Warhol ↗Tom Wesselmann

 

In der Kunst wird der Siebdruck auch als Serigrafie bezeichnet. Der Siebdruck wurde schnell gewerblich eingesetzt und auch von Künstlern genutzt. Erste künstlerische Arbeiten traten in Amerika bereits in den 1920er und 30er Jahren auf. Ab den 1950er Jahren nutzten sie auch deutsche Künstler. Die Op Art, Pop Art und Konkrete Kunst führten zu einer weltweiten Verbreitung der Serigrafie. Sie bietet viele Experimentiermöglichkeiten, beispielsweise durch Lasuren, unterschiedlich deckende Farben oder den Einbezug von Reliefdruck, womit eine hohe Ausdruckskraft erzielt wird. Nach dem Druck werden die Papierbögen meist signiert und nummeriert.

 

Foto vom Katalog zur Ausstellung

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Begleitend zur Sonderausstellung „Metablau und Gestautes Grün” ist ein reich bebilderter Katalog mit Aufsätzen von Katrin Bielmeier, Rainer Stamm und Sabine Maria Schmidt im Sandstein Verlag erschienen, der für 28 € an den Museumskassen erhältlich ist. Mit Hintergründen zur Entstehung der umfangreichen Privatsammlung Thomas bietet der Katalog die optimale Lektüre zur Vor- oder Nachbereitung des Ausstellungsbesuchs.
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Header: Ernst Wilhelm Nay, Metablau (Rot – Ultramarin), 1972, Kunstsammlungen Chemnitz, Grafiksammlung Brigitte und Hans Robert Thomas © Ernst Wilhelm Nay Stiftung, Köln / VG Bild-Kunst Bonn 2023, Foto: Kunstsammlungen Chemnitz/Frank Krüger