Unbekannter Meister
Vakuumpumpe, um 1800
Holz, Messing, Eisen
Landesmuseum Kunst & Kultur Oldenburg
Inv. 5.365
Eike Lossin
Die Leere, oder mit Sicht auf unser neues „Objekt des Monats“ treffender ausgedrückt: ein Vakuum, zu verstehen, es zu beschreiben und für wissenschaftliche Erkenntnisse nutzbar zu machen, stellt bis heute für manch eine(n) eine Herausforderung im abstrakten Denken dar.
Vom Lateinischen vacuus („leer“, „frei“ oder „unbesetzt“) herstammend, ist die Verwendung dieses Begriffs spätestens seit dem 18. Jahrhundert für die Naturphilosophie belegt; die Idee von der Existenz luftleerer Räume jedoch geht auf den griechischen Philosophen Leukipp des 5. Jahrhunderts vor Christus zurück, mitunter auch auf seinen Schüler Demokrit. Diese unbewiesene These rief allerdings Gegner wie Platon oder Aristoteles hervor, welche die Existenz von Vakua bestritten – ihre Meinung sollte bis in die Frühe Neuzeit als gesichertes Wissen gelten.
Den Beweis der Existenz des Vakuums aber lieferten teils spektakuläre Experimente ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts: Otto von Guerikes Magdeburger Halbkugeln von 1657 sind hierfür das im deutschen Sprachraum wohl prominenteste Beispiel.
Mit dem Entstehen des frühneuzeitlichen Erkenntnisinteresses war somit im Gegensatz zur bisherigen philosophischen Spekulation dem naturwissenschaftlichen Experiment und der Methodik der Weg geebnet. Und mit zunehmender Verfeinerung (und Verkleinerung) der zu solchen Versuchen notwendigen Apparate im 18. Jahrhundert änderte sich auch der Raum vom öffentlichen Spektakel hin zum privaten Ereignis akademischer und aristokratischer Kreise. Wer also als Fürst etwas auf sich hielt – und es sich leisten konnte –, beschäftigte Mechaniker und Wissenschaftler, die sich mit zeitgemäßen Fragestellungen und der Anfertigung von Instrumenten wie Mikroskopen und Geräten der Landvermessung, Uhren und eben auch Vakuumpumpen befassten.
Dem Ideal eines aufgeklärten, an Fortschritt und Wissenschaft interessierten Landesherrn wollte auch Peter Friedrich Ludwig (1755–1829) im Herzogtum Oldenburg in Nichts nachstehen. Glücklicherweise war der Jurist und oldenburgische Verwaltungsbeamte Gerhard Anton von Halem (1752–1819) im Jahr 1796 auf den Erfinder und Konstrukteur Diedrich Uhlhorn (1764–1837) aufmerksam geworden. Der in Bockhorn geborene und dort lebende Sohn eines Tischlers und Landwirts hatte bereits mit der Anfertigung von technisch ausgereiften Fernrohren von sich reden gemacht. Mit ebensolch einem Fernrohr empfahl sich Uhlhorn im Jahr darauf beim Herzog, der so begeistert war, dass er ihn zum Herzoglich-Holstein-Oldenburgischen Hofmechanikus ernannte und sich mit einer Jahrespension von zu Beginn 150, später jedoch 200 Reichstalern erkenntlich zeigte. Als Autodidakt und ohne akademische Bildung war Uhlhorns Karriere somit Tür und Tor geöffnet.
Im Zusammenhang mit Uhlhorn steht nun schließlich auch das in diesem Monat präsentierte Objekt: eine Vakuumpumpe. Auf einem Holzbrett mit profiliertem Rand stehen an einer Schmalseite zwei gedrungene Holzsäulen mit profiliertem Kopf und Fuß, die einen breiten Holzbügel tragen; zwischen ihnen ein Messingzylinder, der sogenannte Stiefel, in dem ein gezahnter Eisenstab mittels einer am Bügel befestigten Kurbel in senkrechter Richtung zu bewegen ist. Dreht man diese Kurbel, pumpt sie, je nach Drehrichtung, die Luft durch ein enges Metallrohr, das die Verbindung mit einem Messingteller herstellt, hinein oder hinaus. Auf dem Messingteller, der sich auf einem profilierten Fuß in der Mitte des Brettes erhebt, befand sich ehedem eine Glashaube, die als Vakuumkammer diente. Nach jedem Pumpvorgang musste ein Ventil unterhalb des Tellers geschlossen werden, um den gezahnten Eisenstab durch Kurbeln wieder in seine Ausgangsposition zu bringen und die gesamte Prozedur zu wiederholen, bis schließlich ein Vakuum entsteht (bei geöffnetem Ventil wäre es zum effektlosen Hin- und Herpumpen der Luft gekommen).
Die hiermit vermutlich durchgeführten Experimente, gäben heutzutage Anlass zur Entrüstung. Neben Kerzen, die beim Entstehen des Vakuums auf wunderbare Weise erloschen, wurden nämlich auch lebende Tiere, vor allem Vögel, den Vakua ausgesetzt. Sie erstickten darin qualvoll. Mit diesen teils grausamen Experimenten, die häufig allein der Unterhaltung und Befriedigung der Neugierde dienten, ist aber die Geschichte der Vakuumtechnik noch nicht beendet. Zugleich führten diese frühen Versuche zu neuen physikalischen Frage- und Problemstellungen in der Akustik und Optik sowie später in den Materialwissenschaften, der Mikro- und Nanotechnologie, in der Raumfahrt und bei Kernfusionsreaktoren, in der Lebensmittelindustrie bis hin zu unserem alltäglichen Haushalt in Form von Glühbirnen, Staubsaugern oder Vakuumiergeräten.
Ob diese Vakuumpumpe aber tatsächlich aus der Werkstatt Uhlhorns stammt, bleibt mangels Signatur und Archivalien ungewiss. Dass sie aber im Jahr 1907 dem früheren Kunstgewerbemuseum in Oldenburg vom Hofapotheker Hafner aus Neuenburg (nahe Bockhorn) geschenkt wurde, kann ohne Weiteres als Indiz für die Urheberschaft Uhlhorns gesehen werden.
Literatur:
Benad-Wagenhoff, Volker und Schneider, Konrad: „…dieser unerschöpfliche, seltene Mann…“ Diedrich Uhlhorn und die moderne Münztechnik. Grevenbroich 2009.
Brachner, Alto (Hg.): Geschichte der Vakuumpumpen. Zum 400. Geburtstag Otto von Guerikes. Mit einem Katalog der Vakuumpumpen des Deutschen Museums. München 2002.
Wey, Karin und Peters, Ralph Jürgen: Geschichte der Vakuumtechnik. In: Vakuum in Forschung und Praxis, Vol. 14 (3/2002), S. 180–183.
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