Deutscher Expressionismus

Die Künstlergruppe Brücke wurde 1905 in Dresden gegründet und bildete – neben dem Münchner Künstlerkreis um die Redaktion des Almanachs Der Blaue Reiter – das Zentrum des Deutschen Expressionismus. Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Fritz Bleyl und Karl Schmidt-Rottluff, die sich im Architekturstudium an der Technischen Hochschule Dresden kennengelernt hatten, wandten sich gemeinschaftlich der Bildenden Kunst zu. Sie formulierten in ihrem 1906 von Ernst Ludwig Kirchner in Holz geschnittenen Brücke-Manifest:

„Jeder gehört zu uns, der unmittelbar und unverfälscht das wiedergibt, was ihn zum Schaffen drängt.“

Impulse für ihre radikale Abkehr von den Traditionen der Salonmalerei und dem an den offiziellen Kunstakademien gelehrten Stil erhielten sie aus den Werken von Van Gogh, Gauguin und Cézanne, aber auch durch die Rückbesinnung auf mittelalterliche und außereuropäische Kunst. Nicht nur in Dresden und den nahe gelegenen Moritzburger Seen, sondern ab 1907 vor allem auch in Dangast am Jadebusen entstanden Hauptwerke des Brücke-Stils. In Dangast vollzogen Schmidt-Rottluff und Heckel auch den Wechsel vom pastosen Farbauftrag der frühen, noch von Van Gogh inspirierten Werke zum farbgewaltigen und die Tradition der Raumillusion hinter sich lassenden Flächenstil, wie er in Heckels Elgerndem Mann (1910) und Schmidt-Rottluffs Dangaster Allee (1911) zum Ausdruck kommt. Die flächige Landschaft wird in diesen Bildern nur noch summarisch erfasst. Durch die gemalte und nahezu auf Form und Farbe beschränkte Reduktion erlangen die Bilder einen gesteigerten Abstraktionsgrad, ohne die Realität als Anlass des Bildes vollkommen aufzugeben. Dem Betrachter fordert es jedoch eine neue Sehleistung ab – zum damaligen Zeitpunkt eine schockierende Novität.

Über die in Dangast entstandenen Werke hinaus beherbergt das Landesmuseum Oldenburg eine repräsentative Sammlung von Werken der Brücke-Maler. Deren Kernthemen Stadtleben, Varieté und Zirkus, der sich bewegende Mensch sowie die Landschaftsmalerei, welche sie regelmäßig zu Ausflügen aufs Land und in die Natur anregte, werden im Landesmuseum präsentiert.

Dem aufgeregten Farbsturm der Dangaster Landschaften Schmidt-Rottluffs und Heckels steht farblich und formal beruhigte Komposition von Max Pechsteins Fischerboote in Nidden (1912) gegenüber. Otto Mueller, der Kirchner und Heckel 1910 kennenlernte, wurde im selben Jahr Mitglied der Brücke, blieb in seiner künstlerischen Handschrift und Position jedoch stets eigenständig. Das „Unmittelbare und Unverfälschte“ seiner Malerei steigerte er dadurch, dass er seine Gemälde gerne mit Leimfarbe auf grobes Rupfen oder Sackleinen malte, was den Bildern eine freskenähnliche Oberfläche verleiht. In ungezählten Variationen und Typisierungen widmete er sich dem Thema der Badenden in freier Natur, so auch in Zwei Mädchen im Walde (1920).

Ernst Ludwig Kirchners Wanderzirkus (1920) zeigt den charakteristisch-brillanten Umgang des Künstlers mit Perspektive, Farbe und der Schematisierung von Formen: Der rot gekleidete, kopfüber über der Menge schwebende Artist ist für Kirchner ein Symbol des Künstlers, der einerseits von der Menge bewundert wird, zugleich aber auch isoliert und abgeschieden agiert.

Ein Höhepunkt der Expressionismus-Sammlung ist Kirchners Gemälde Bube mit Bonbons (1918), das bereits 1930 ein erstes Mal für das Oldenburger Museum erworben wurde und nach der Beschlagnahmung durch die Nationalsozialisten 1937 erst 2007 zurückerworben werden konnte. Das Gemälde entstand im Sommer 1918 in den Schweizer Bergen von Davos, wohin sich der psychisch wie physisch unter den Kriegsereignissen leidende Künstler zurückgezogen hatte. Das Motiv des verrätselt in die gleißende Bergwelt eingespannten Jungen schwingt zwischen der „Menschheitsdämmerung“ des Expressionismus und der durch das Erleben der Schweizer Berge wieder zu neuem Lebens- und Schaffensmut gesteigerten Malkraft des Künstlers.

Weitestgehend unabhängig von künstlerischen Gruppierungen entwickelten die norddeutschen Expressionisten Christian Rohlfs und Emil Nolde ihren jeweils unverwechselbaren Stil: Emil Nolde ist in der Galerie Neue Meister durch ein herausragendes Stillleben mit Reiterfigur (1912) von größter farblicher Delikatesse vertreten. Während sein Stillleben vor allem durch die eigenwillige, mutige Farbwahl von Gelb-, Türkis-, Grün- und Purpurtönen besticht, ist es bei dem Tanzversuch (1925) von Christian Rohlfs der trockene, rhythmische Farbauftrag, der das Bild in eigenartige Schwingung versetzt.

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