Zum Hauptinhalt springen

Marie Stein-Ranke, Skizzenbuch aus Ägypten, 1950–1952

Leineneinband, Papier
Erworben 1999 als Schenkung
Landesmuseum Kunst & Kultur Oldenburg
Inv. 24.877

Janne Arp-Neumann

Marie Stein-Ranke (1873–1964) erwarb dieses Skizzenbuch 1950 in Kairo. Die aufgeschlagene Seite zeigt ein in Rötel ausgeführtes Porträt eines Mannes, bei dem es sich wahrscheinlich um ihren Ehemann Hermann Ranke handelt. Auf weiteren Seiten des Buches zeichnete sie Menschen, Tiere, Pflanzen und Landschaften Ägyptens. Manche Seiten zeigen Landschaften anderer Orte und ein Teil des Skizzenbuchs blieb ungenutzt.

Die aus Oldenburg stammende Zeichnerin und Malerin Marie Stein begann ihre Ausbildung zur Porträtistin 1890 bei Walter Petersen in Düsseldorf. Im Anschluss besuchte sie die Damenmalschule von Friedrich Fehr und lernte bei Paul Nauen in München. 1896 ging sie für weitere Studien nach Paris. Ab der Jahrhundertwende konnte sie ihr Leben mit ihrer Kunst finanzieren und ihre Werke wurden in internationalen Ausstellungen gezeigt. Zu ihren Motiven zählten Künstler:innen, Gelehrte und Adlige sowie deren Familienmitglieder.

Hermann Ranke (1878–1953) verbrachte seine Kindheit und Jugend in Lübeck, studierte zuerst Theologie in Göttingen, dann in Greifswald und wurde schließlich in München in Assyriologie promoviert. Der Berliner Ägyptologe Adolf Erman war ein Freund der Familie und später baute Hermann Ranke diese Verbindung zu einem fachlichen Lehrer-Schüler-Verhältnis aus, ohne tatsächlich jemals bei Erman studiert zu haben. Seit 1902 war Ranke „Harrison Research Fellow in Assyriology“ an der University of Pennsylvania, Philadelphia, in den USA.

Aus seinen in der Staats- und Universitätsbibliothek Bremen aufbewahrten Briefen an Adolf Erman geht allerdings hervor, dass er sich wünschte, nach Deutschland zurückzukehren. So ergriff er die ihm von seinem Mentor gebotene Gelegenheit und nahm im Jahr 1905 eine Stelle als Assistent an der Vorderasiatischen Abteilung der königlich Preußischen Museen im Neuen Museum auf der Museumsinsel in Berlin an. Zurück in Deutschland lernte er auf einer Verlobungsfeier eines Freundes in Oldenburg Frieda Stein, die jüngere Schwester von Marie, kennen.

Marie Stein hielt sich im Jahr 1905 in Berlin auf. Frieda war bei ihr zu Besuch, traf zufällig Hermann Ranke und die beiden verabredeten einen Ausflug mit ihren Geschwistern. Zwischen Hermann und Marie entwickelte sich eine Liebesbeziehung, ebenso zwischen Frieda und dem Bruder von Hermann. Am 24. September 1906 heirateten die Oldenburger Künstlerin und der fünf Jahre jüngere Ägyptologe. Das Paar bekam drei Kinder, die jedoch als junge Erwachsene noch vor den Eltern starben.

1908 erhielt Hermann Ranke von Adolf Erman den Auftrag, dessen angesichts der rasanten Forschungsentwicklungen veraltetes Werk „Ägypten und ägyptisches Leben im Altertum“ (1886) zu überarbeiten und neu herauszugeben. Diese Arbeit sollte noch einige Verzögerungen erfahren. Gründe dafür waren die weiteren Karriereschritte Hermann Rankes, der 1911 eine Professur an der Universität Heidelberg erhielt, aber auch der Erste Weltkrieg, in dem er bis 1918 als Leutnant der Landwehr diente. Als das Buch 1923 veröffentlicht wurde, enthielt es 25 von Marie Stein-Ranke angefertigte Umzeichnungen altägyptischer Motive als Abbildungen im Text.

Ein besonderes Ereignis, mit dem Hermann Ranke zu verbinden ist, war die Entdeckung der berühmten Büste der Nofretete. Ranke nahm im Jahr 1912 zu Ausbildungszwecken an den Ausgrabungen von Ludwig Borchardt in Tell el-Amarna, Mittelägypten, teil und war im Gegensatz zu dem eigentlichen Grabungsleiter tatsächlich dabei, als die heutige Ikone ans Licht kam.

1937 wurde Hermann Ranke von den Nationalsozialisten aufgrund des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ und den jüdischen Wurzeln seines Schwiegervaters in den Ruhestand versetzt. Er nahm daraufhin Einladungen zu Gastprofessuren in die USA und nach Ägypten wahr. 1945 wurde Hermann Ranke in Heidelberg wieder als Ordinarius eingesetzt und 1948 emeritiert. Im Jahr 1950 ging er als Gastprofessor an die Faruq-Universität in Alexandrien, seine Frau begleitete ihn, erwarb das hier gezeigte Skizzenbuch und fertigte die Zeichnungen darin an. Auffallend ist, dass sie in diesem Buch keine altägyptischen Motive skizzierte.

Literatur:
Erman, Adolf: Aegypten und aegyptisches Leben im Altertum, neubearbeitet von Hermann Ranke, Tübingen 1923.
Köhn, Silke: Marie Stein-Ranke (1873-1964). Eine Porträtistin um 1900. Begleitheft zur Ausstellung im Landesmuseum Oldenburg vom 24. Juni bis 13. August 2000, Kataloge des Landesmuseums Oldenburg Band 17, Oldenburg 2000.
Scheel, Bernd: Hermann Ranke, in: Biographisches Lexikon für Schleswig-Holstein und Lübeck, Bd. 9, Neumünster 1991.
Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Nachlass Adolf Erman, brema.suub.uni-bremen.de/erman/nav/classification/2501128

Sammlung Online

App ins Schloss

Die Palma-Story